ausschreibung 4. Festival »garage« Stralsund vom 29.7. bis zum 27.8. 2000
 
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real escape
24-hour-project

garage ist Plattform für Kunst und Kultur. Sie ist Galerie, offenes Atelier, Café, Bar und Bühne, gelegen inmitten der Stralsunder Speicherstadt am Hafen, gegründet im Sommer 97 und versteht sich als unkommerzieller, zeitlich begrenzter Raum für die Förderung interdisziplinärer sowie einzelkünstlerischer Projekte der eigenen Generation mit den Schwerpunkten bildende Kunst, Film und Musik.

Thema: open source
open source - ein seit dem letzten Jahr besonders in der Computerwelt und mittlerweile auch in sämtlichen Feuilletons beschworenes Zauberwort. Ein genialer Programmierer, Linus Torvalds, schreibt ein neues Betriebssystem und stellt den Quellcode, praktisch die DNA des Computerprogramms, offen ins Internet. Eine Einladung an alle, über das Programm zu verfügen, das heißt, es zu nutzen, zu verbessern, für die eigenen Bedürfnisse zurechtzuschneiden. Einzige Bedingung: Jeder soll auf dieses Wissen uneingeschränkten Zugriff haben - also sich selbst, dem Programm und damit allen anderen zunutze sein.

Das Nutzen offener Quellen, Ressourcen, Erfahrungen als gesellschaftliches und ökonomisches Prinzip ist nicht neu. Läßt sich die Renaissance einer solchen Idee heute im kulturellen Kontext nutzbar machen? Wie (bewußt) setzen sich heute Künstler mit solchen Strukturen auseinander? Inwieweit haben offene Modelle Einfluß auf Prozesse der Kunstproduktion, welche Parallelen gibt es? Lassen sich auf ähnliche Weise eingefahrene Kommunikationsschemata aufbrechen, läßt sich überhaupt Relevanz von Kunst/Kultur überdenken?...

open source nicht nur als abstraktes Prinzip zu begreifen, sondern vielmehr praktische Relevanz über den software-Kontext hinaus zu erproben, ist Ausgangspunkt. Es soll der Versuch unternommen werden, die Möglichkeiten, aber auch Grenzen eines zunächst theoretischen Ansatzes experimentell zu ergründen, zu illustrieren/darzustellen oder auch zu verwerfen. Testfeld ist das alte Hafengelände der Ostseestadt Stralsund, seit zehn Jahren weitgehend ungenutzt mit seinen Speichern, alten Lagerhallen und Kais - als eine (quasi) open source.

Hier also die Einladung an alle Interessierten, sich mit einem eigenen (praktischen oder theoretischen) Projekt am Festival zu beteiligen.

Bewerbungen und Konzepte an:
garage c/o Stabenow, Badenstr. 1, 18439 Stralsund
Anfragen an: info@garage-g.de
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1. g-räusch

Im Rahmen des 2.klangraum-Wochenendes vom 10.-13.8. 2000 wird am Sonntag (13.8.) ein Projekt realisiert, das zwei unterschiedliche Positionen der improvisierten Musik aufeinandertreffen läßt und dabei open und closed source thematisiert.

1. [closed] Petit Pale - Andrea Neumann und Ignaz Schick (Berlin) - Innenklavier und Elektronik, ein Duo, welches schon seit einiger Zeit zusammenarbeitet und sich durch strenge, minimalistische, perfekt aufeinander abgestimmte, fast mathematische Klarheit auszeichnet. Beide Musiker haben ihre Instrumente selbst entwickelt und eigene Spieltechniken erarbeitet.

2. [open] Antye Greie-Fuchs und Jotka - playing open sound database.
Eine internetbasierte Sample Datenbank kann bis zu diesem Termin von außen, also offen für alle, mit Klangpartikeln gefüllt werden. Die Musiker werden diese dann live aus dem Netz als Rohmaterial verarbeiten, remixen, verfremden und mit ihnen improvisieren. Das Konzert wird per Livestream zurück ins Netz übertragen. Darüber hinaus ist es möglich, während des Konzertes neue Klangbits von außen in den Soundpool einzuspeisen und somit auf die entstehenden Klänge zu reagieren bzw. mit den Musikern zu kommunizieren.

Mitmachen:
Die Datenbank ist auf dem System von Radio Internationale Stadt eingerichtet.
Bei click auf untenstehendes logo gelangt man zum contributoren-login des Systems, Anmeldung mit:

Name: garage
Passwort: opensound
Bitte zuerst die FAQs lesen!

1. Upload file
Die Sounds sollten im realaudio-Format oder als MP3 auf der Datenbank abgelegt werden und nicht länger als 30 Sekunden sein. (Wir empfehlen zum Upload die erste der beiden angebotenen Möglichkeiten - Browse and get it!) Damit wird der Audio file in der Input directory abgelegt.

2. Enter a new entry
Nachdem die Audio Datei hochgeladen ist, sollte das Formular ausgefüllt werden. Zuerst die hochgeladene Audio Datei aus der Liste auswählen, dann sorgfältig das Formular ausfüllen.
Bitte den Titel immer so angeben: g-räusch2000/...   (... = Dein Titel)
Nicht vergessen, eine kurze Beschreibung des Stückes beizufügen. Die Kategorie kann selbst gewählt werden, die Musiker werden während der Performance nach Stücken mit obengenanntem Titel(anfang) suchen.
Submit the form!

realaudio-Formate kann man einfach mit dem kostenlosen RealProducer erstellen (download Realproducer)



Die Performance wird am 13.8.00 ab ca. 22 Uhr hier auf dieser Website live übertragen.
Viel Spaß!

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2. real escape -Stadtplanung als open source - ein workshop

vorfeld

Angeregt durch divercity - Ulrich Königs und ifau - eine städtebauliche Strategie, die Stadt als offenes System versteht und ein Planungsinstrument vorstellt, das durch allgemeine Zugänglichkeit und ständige Aktualisierung den heutigen Anforderungen der Stadt und Stadtplanung gerecht werden soll. (weitere Infos: http://www.berlin.heimat.de/divercity)
In einem offenen Workshop soll innerhalb eines begrenzten (Zeit)Raumes versucht werden, sich dieser Theorie praktisch zu nähern.

spielfeld

Stralsund ist eine alte Hansestadt an der Ostsee mit vorgelagerter Hafeninsel und ungefähr 63.000 Einwohnern. Der mittelalterliche Stadtkern ist vollständig von Wasser umgeben.
Gegenüber einer starken Entwicklung in den äußeren Bereichen weist die Innenstadt eine geringe Dichte an Bewohnern und Infrastruktur auf; die alte Substanz ist durchsetzt mit Sanierungen, Investitionsobjekten, sozialistischen Planungen und vielen Brachen.
Die Matrix der Stadt mit ihren öffentlichen Räumen, Netzlinien und Knotenpunkten weist substantiell und programmatisch viele Leerstellen und Freiräume auf, die zum Handeln einladen. Brache und Unfertigkeit dabei nicht als Mangel zu beklagen, sondern als Potential zu nutzen, um Möglichkeitsformen und Bedürfnisstrukturen offenzulegen, ist Basisgedanke.

testfeld

real escape soll über das Modell open source Kommunikationsformen finden, die konkretes Handeln ermöglichen. Ziel des Workshops ist nicht, eine Bebauungsstruktur zu entwerfen, sondern vielmehr sollen die Teilnehmer für selbst gewählte Bereiche der Altstadt (neue) Funktionen, Programme, Institutionen, Ereignisse entwickeln, darstellen und verhandeln - als mögliche Einträge in die vorhandene Matrix. Der Phantasie für zunächst Unvorstellbares sollen keine Grenzen gesetzt sein, jedoch sollen die Einträge auf ihre Realisierbarkeit durchgespielt werden, das heißt Fragen nach handelnden Personen, Interessensüberschneidungen oder -konflikten, Finanzierung und Möglichkeiten sonstiger Unterstützung Teil der Ideenentwicklung sein.

Der Workshop wird moderiert durch Ulrich Königs (Köln) und 2ndfloor, Marianne Mueller Olaf Kneer (London). Die Arbeit von 2ndfloor konzentriert sich ebenfalls auf neue Planungs - und Entwurfsmethodiken, die die Stadt als komplexes System verstehen. Der Workshop wird durch eingeladene Vorträge mit anschließender Diskussion eröffnet. Zusammenarbeit und Austausch sind Voraussetzung. Die Ergebnisse werden am Ende des Workshops präsentiert und mit Gästen diskutiert.

real escape versteht sich als open source-Projekt und will die Chancen und Konsequenzen für die an einem (städtebaulichen) Planungsprozeß Beteiligten beleuchten. Der Workshop richtet sich daher vorrangig an Architekten und Stadtplaner, ist aber offen für alle Interessierten. Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt auf 20. Wir bitten um eine kurze formlose Anmeldung mit knapper, aber aussagekräftiger Selbstdarstellung (Kopien von Arbeitsproben o.ä.). Die Anmeldung sollte bis Ende Juni 2000 zugesandt werden und wird rechtzeitig schriftlich bestätigt. Die Teilnahmegebühr beträgt 200 DM (inkl. Übernachtung und Frühstück).

Kontaktadresse/Anmeldung:
Carsten Stabenow
Göhrener Str. 13
10437 Berlin
030/441 20 15

Fragen?
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3. 24-hour-project -eine žffentliche Internetinstallation

Eine Installation bestehend aus 4 Objekten in der Stralsunder Fußgängerzone, die den öffentlichen und kostenlosen Zugang zum Internet rund um die Uhr ermöglichen soll.

Die Beschäftigung mit dem öffentlichen Raum hat bei garage seit Beginn eine maßgebliche Rolle gespielt. Projekte in der Auseinandersetzung mit Stadtstruktur und -entwicklung, ob Kunst im öffentlichen Raum oder Übergangsnutzungen leerstehender Gebäude, bildeten bisher wesentliche Schwerpunkte des Programms. Das diesjährige Thema "open source" soll wieder Anlaß sein, sich mit Stadtraum auseinanderzusetzen. Aus der Medienwelt in den realen Raum und zurück. "offene Quelle" - bei der Betrachtung von Stadtlandschaft assoziiert man unwillkürlich den Brunnen, die Quelle als einen Ort mit besonderen Qualitäten. Historisch betrachtet ein lebensnotwendiger Ort der Versorgung mit Wasser (Brunnen, Pumpe, Zapfstelle), aber auch ein Treffpunkt, ein Ort des Austausches von Informationen, Neuigkeiten, ein Kommunikationspunkt. Heute mehr ein Ort der Entspannung, der Ruhe, mit einer ganz speziellen sozialen/visuellen Tektonik, an dem man sich verabredet, treffen kann, der Stadtbild bestimmt und bewußte Gestaltung manifestiert.

Die gleichen Beweggründe zu einem Handeln im öffentlichen Raum führen auch zu einem Handeln im virtuellen Raum, der als ein öffentlicher aufgefaßt werden muß. Mitgestaltung, Beteiligung, Offenlegung von Planungsstrukturen und Übernahme von Verantwortung sind Funktionsprinzipien von "open source" und entwicklungshistorisch gesehen des gesamten Internet. Die Chance des Mediums, nicht nur in der Erschließung neuer Märkte, sondern auch und gerade in der Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung, zum "Mitreden" wirksam zu werden, ist entscheidend für die Zukunft dieses virtuellen öffentlichen Raumes.

Das WWW ist längst Allgemeinplatz, der Umgang mit "neuen Medien" für die jüngere Generation fast Selbstverständlichkeit. Der Zugang zu ihnen ist nach wie vor Privileg. Noch längst nicht alle Schulen (überhaupt Institutionen) sind an das Netz angeschlossen, der Einstieg birgt gewisse technische Hürden, Schwellenangst und nach wie vor nicht zu vernachlässigende Kosten.

Aus diesen Überlegungen ergab sich die Idee einer temporären Info-Oase im Stadtraum. Vier Terminals mit Internetcomputern, Betonkörper mit eindeutig skulpturalem Charakter, ästhetischer Qualität und klarem Bezug zum öffentlichen Raum, sollen an zentralem Ort installiert werden. Der Zugang zum Internet, die Möglichkeit sich zu informieren, E-Mail zu versenden oder sich einfach nur neugierig dem Medium zu nähern als symbolische Aktion einer Stadt (gerade in der touristischen Hauptsaison) scheint spannender Versuch. Die Installation ist eine Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Wert von Kunst im öffentlichen Raum, gestellt unter praktischen, sozialen und kommunikativen Gesichtspunkten und eine Auseinandersetzung mit der Definition des Begriffes Öffentlichkeit im allgemeinen. Wäre es denkbar, daß der Betrieb eines solchen, für die Benutzer kostenlosen Services, von einer Stadt getragen werden könnte, ähnlich der kommunalen Unterhaltung von Grünanlagen und Springbrunnen?
Die abstrakte Visualisierung der Browserhistory der einzelnen Computer als Kartographie des Umgangs mit "unvermutet geöffneter source" ist Bestandteil des Projektes. Die Parallelen zwischen der Oberfläche einer Stadt mit ihren Straßen und Plätzen, ihren Bewohnern und ihrer Kultur und dem virtuellen Raum mit seinen Informationsstrukturen, Communities und Treffpunkten sind in verschiedenen Denkmodellen thematisiert worden. Die Aktion soll ein Vorschlag sein, zwei Räume miteinander zu verbinden, eine Schnittstelle, einen Austausch zu ermöglichen.

Parkbänke, Pflanzkübel, Bäume, Papierkörbe, Straßenlaternen, Bushaltestellen, Denkmäler, Grünanlagen, Leitsysteme, Skulpturen, Internetterminals.... die Kultur einer Stadt beweist sich endgültig in ihren Details.

Fragen?