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»Zwei Gefahren bedrohen ständig
die Welt, die Ordnung und die Unordnung«
Paul Valéry
> Die Welt, wie sie die traditionelle Wissenschaft definiert hatte,
war eine Welt von fast platonischer Reinheit. Die Gleichungen und
Theorien, die den Lauf der Welt, den Ablauf von Geschichte, die Struktur
des menschlichen Lebens beschreiben, enthalten eine Regelmäßigkeit
und Ordnung wie die Zuverlässigkeit eines Uhrwerks. Die Welt
außerhalb des wissenschaftlichen Laboratoriums ist aber selten
auf feste Regeln und Grundsätze zu reduzieren. Der Glaube, dass
das Prinzip der Ordnung alles durchdringt und in immer raffinierteren
und komplexeren Hierarchien existiert, reicht als Erklärungsmodell
allein nicht aus. Turbulenzen, Unregelmäßigkeiten und Unvorhersagbarkeiten
sind überall vorzufinden und gehorchen ihren ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten.
Kleinste Änderungen bestimmter Variablen können nicht geahnte
Kettenreaktionen und Veränderungen auslösen.
Die Chaos-Theorie zeigt, das sich die Welt nicht allein vom Standpunkt
der Ordnung aus betrachten lässt. Der hohe Grad der Vernetzung,
Interaktion und Rückkopplung der vielen Elemente ergibt eine
Unüberschaubarkeit und Unberechenbarkeit der natürlichen
und auch der gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse. Das komplexe
System Welt scheint nur erklärbar in dem Spannungsfeld zwischen
Ordnung und Chaos.
Wir befinden uns gegenwärtig in einem gesellschaftlichen Schwebezustand.
Alles ist möglich, alles ist offen, alles ist machbar
nichts ist klar definiert. Mit der scheinbar permanenten Erweiterung
des individuellen Handlungsspielraums entwickeln sich verschiedene
Verhaltensweisen im Umgang mit den existierenden sozialen und kulturellen
Strukturen.
Pragmatismus auf der einen Seite, zweckbestimmtes Handeln, auf das
Notwendige und praktisch Nützliche reduziert, ein Streben nach
Ordnung und Sicherheit. Handlungsunfähigkeit auf der andern Seite
durch ein zunehmendes Gefühl der Unschärfe, der Unsicherheit
und Orientierungslosigkeit.
Gesellschaftlicher Unterdruck? Fehler im System? Instabilität
als Normalzustand? Trial and Error als Strategie der Zukunft? Unsicherheit
als kreative Kraft, Zufall als generativer Mechanismus? Verunsicherung
als Orientierungshilfe? Was ist Normalität, was wird als normal
definiert?
garage 03 präsentiert Positionen und
Handlungsstrategien zu diesem Thema. Störungen und Fehler sind
Teil von Übergangssituationen, ermöglichen und fordern aber
auch neue Ideen, Arbeitsweisen und Inhalte. Welche künstlerischen
Konzepte und Visionen werden in einer Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten
und allgemeiner Verunsicherung entworfen?
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