26.07.03 - Eröffnung im Ladenlokal (n.n.)
(Büro geöffnet 26.7.-1.8.03)
   
Wir-AG/Bewerbung - Julia Tieke, Elke Falat und Katja Clysters (Hildesheim/Hamburg)
Im Büro der Wir-AG können sich Besucher Zeugnisse mit einem Inhalt ihrer Wahl ausstellen lassen. Welche meiner Eigenschaften, welche Fähigkeit wollte ich schon immer bezeugt wissen? Welche persönlichen Ansichten oder Erfahrungen? Die Wir-AG formuliert das Zeugnis und druckt es zur Mitnahme vor Ort aus. Die Zeugnisse treiben die Verwertbarmachung aller Aspekte des eigenen Lebens in Hinblick auf den Wunsch nach Arbeit auf die Spitze. Andererseits bereiten solche Zeugnisse Freude. Vielleicht sind sie sogar das »gewisse Etwas«, die positive Auffälligkeit einer Bewerbung, aufgrund derer jemand zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird.
Das Büro ist nicht nur eine Kunst-Aktion. Es stellt einen realen Eingriff in die Arbeitswelt dar. Dieser Eingriff ist auf den ersten Blick affirmativ, da er mit Konventionen arbeitet und nichts zu hinterfragen scheint. Andererseits können die Zeugnisse als subversive Aktion betrachtet werden, insofern sie eine Über-Erfüllung von Erwartungen darstellen und dadurch Fragen aufwerfen.
Am Abend wird das Büro der Wir-AG zu einer Plattform für Vorträge und Performances zum Thema Bewerbung/Arbeit.
Das Projekt der Wir-AG für garage 2003 bewegt sich zwischen dem Erfüllen einer (Bewerbungs-) Norm und ihrer Offenlegung/Kritisierung, zwischen Konzept-Kunst und Dienstleistung, zwischen Aktion und Subversion. Die Wir-AG ist eine Gruppe von Künstlern aus Hamburg, Hildesheim, Berlin und Frankfurt. Die Wir-AG hält »Ich-AG« für einen perversen Ausdruck, der dennoch sehr klar eine tatsächliche Entwicklung in der Arbeitsgesellschaft ausdrückt, nämlich die Ökonomisierung des Individuums. Die Wir-AG ist ein Gegenentwurf zur Ich-AG, indem wir als Künstler offen und kooperativ arbeiten.

   
26.07.03 - garage - 20 Uhr
parent guided only!
1. jumpy germanyness
Dick El demasiado, IBW / Geert-Jan Hobijn, Staalplaat (NL)
Konzert für Blasorchester und Staubsauger
Geographisch gesehen, gehört die Cumbia-Muaik zu Kolumbien. Dieser populäre und sehr freundliche Musikstil hat in allen lateinamerikanischen Ländern zahlreiche Variationen gebildet.
Anthropologisch gesehen, hat sich die Cumbia aus verschiedenen Quellen einheimischer afrikanischer und europäischer Traditionen herausgebildet. Was die europäische Tradition anbelangt, haben die deutschen Kupferinstrumente/Hörner und das Akkordeon der Cumbia die endgültige Färbung verliehen. Man kann sagen, dass ein bestimmter Typ der Cumbia die deutsche Tradition der Blaskapelle aufgenommen und beschleunigt hat, indem sie in ihrem eigenen hüpfenden Charakter mit einer besonderen Perkussion und Basslinie verbunden hat.
Wollte man diesen Prozess umdrehen, könnte man zurück nach Deutschland gehen und eine Blaskapelle eine Cumbia mit halber Geschwindigkeit spielen lassen. Auf diese Weise erhielte man folgende Kurve:

german consistency > colombia jumpiness > jumpy germanyness. (oder colombian consistency!)

Dick El demasiado und Geert-Jan Hobijn wollen eine Stralsunder Blaskapelle einladen, sich nach diesem Muster eines musikalischen Abenteuers dirigieren zu lassen. Folgende Methode soll dabei benutzt werden:
- Eine lokale erfahrene Amateurkapelle ist zu diesem Abenteuer bereit.
- Sie schickt im Vorfeld ihr Repertoire an die beiden Künstler, so dass diese 3 bis 5 potentielle Stücke auswählen können, die sich für eine Umwandlung in Cumbias eignen.
- Vor dem Tag der Performance wir ca. zwei bis drei Tage geprobt. Dick El demasiado sucht sich eine »musikalische Position«, um in diesem Rahmen singen zu können.
- Der Sound des Orchesters wird abgenommen und durch Filterung und Verfremdung auf ungewöhnliche Weise zusätzlich transformiert und durch eine PA wiedergegeben.
- Die Musiker der Kapelle werden diese Bearbeitungen nicht hören und somit auf ihre gewohnte Weise musizieren können, ohne sich vom Hooly-Gully engineering stören zu lassen.
Geert-Jan Hobijn wird das Orchester mit Staubsaugerverstärkung begleiten.
Es wird ein entsprechendes Wort für diese neue populistische Maßnahme der Alle-Menschen-Werden-Brüder-lichkeit zu finden sein müssen. It will be fun.

Dick Verdult / Institut für bezahlbaren Wahnsinn
Bekannt unter seinem Künstlernamen Dick El Demasiado, hat kein Problem, über sich selbst zu reden. Wie er sagt, "soy Dick El Demasiado, humilde pero exagerado". Er ist Teil und Produkt des IBW (Institut für bezahlbaren Wahnsinn, Eindhoven) und Gründer des Centro Periferico Internacional. Ziel dieser Plattform (14 Mitarbeiter) ist der Austausch mit lateinamerikanischen Ländern. Zahlreiche Aktivitäten in Calanda (Buñuel), Argentinien und Honduras wurden bzw. werden realisiert. Das IBW ist in der high-brow-low-tech Welt gut bekannt, von Hybrid Workspace, über Dokumenta Kassel bis Kunstradio Österreich, von CCCB Barcelona bis zur Vereinigung der Filmemacher in St Petersburg.
Dick El Damasiado ist spezialisiert in cumbias lunaticas, wie die anderen Ikonen Padre Tereas und Subdesarollados del Norte, ein Genre, das erstmals auf dem First Festival of Cumbias Experiimentales in La Ceiba 1996, in Festicumex, auftauchte.
> http://www.dse.nl/~ibw/
> http://www.periferico.org/dickeldemasiado

Geert-Jan Hobijn / Staalplaat Soundsystem
Geert-Jan Hobijn ist seit über zwanzig Jahren als künstlerischer Querdenker und Anstifter ungewöhnlicher musikalischer Experimente Garant für außergewöhnliche Projekte.
Mit Staalplaat hat er sich über die Jahre ein Suchgerät aufgebaut, das beim Navigieren in den Untiefen des guten Geschmacks und zwischen den kleinen Inseln der Kulturbanausen genauso hilfreich ist wie bei der Umschiffung des Mainstreams.
> http://www.staalplaat.org

Kevin Blechdom (US/D)
Die Banjo-Laptop-Electrotrasherin aus San Fransisco/Berlin heißt eigentlich Kristin Erickson, gründete in ihrer Zeit in San Fransisco eine Band namens Blechtum from Bechdom, tourte durch die Welt, spielte Musik, veröffentlichte Platten auf tigerbeat6, deluxe, orthlorng musork, shimmy disc, four states fair, unbearable, dial() and phthalo. Kevin Blechdom spielt zwei Laptops, ein rotbandiges MIDI Keyboard, ein rotes Banjo und singt Lieder.
> http://www.kevyb.com/contents.html